36: Chinesische Medizin vs. deutsche Medizin

36: Chinesische Medizin vs. deutsche Medizin

Bisher habe ich Glück gehabt und ich habe kein chinesisches Krankenhaus von innen gesehen. Trotzdem finde ich das Thema chinesische Medizin sehr spannend, insbesondere den Teil der traditionellen chinesischen Medizin.

Von Kollegen weiß ich, das die medizinische Versorgung für die Expats und ihre Angehörigen hier in Shanghai voll und ganz auf der Höhe der westlichen Standards ist, vorausgesetzt man erscheint in den richtigen Krankenhäusern. Dies umfasst dann auch die Behandlungskosten, welche nicht niedriger sind als in anderen westlichen Ländern, wie Deutschland oder den USA. Wobei die allermeisten Expatriats über internationale Versicherungen geschützt sind und nicht wirklich mit dem chinesischem Versicherungssystem in Kontakt kommen dürften.

Wenn ich meine chinesischen Kollegen über das Thema befrage, bekomme ich durchaus differenzierte Antworten. Oft kommt kein klares Bekenntnis zu einer der beiden möglichen Behandlungsformen (traditionelle Chinesische vs. westliche Medizin), sondern eine Antwort im Yin-Yang Sinne (also sowohl als auch).

Wie schon genannt, habe ich keine persönliche Erfahrung mit dem chinesischen Krankensystem gemacht, beziehe mein (begrenztes) Wissen also aus Gesprächen und Büchern. Aber typischerweise gibt es in der traditionellen Medizin keine Experten für bestimmte Erkrankungen oder Organe, wie es im Westen so sehr vorherrscht. (Ich sag nur: Endokrinologie oder Gastroenterologie oder eines der anderen 75 spannenden Spezialfachgebiete.)

Deutschland hat, meiner Meinung nach, eine pharmakonzerngesteuerte Präparatemedizin, mit dutzenden Fachärzten, die oftmals nebeneinander her am selben Patienten rumwerkeln und durch die mangelnde Abstimmung nicht selten die Situation für den Patienten verschlimmbessern.

In der traditionellen Chinesischen Medizin läuft, (je nach Fall natürlich), so ein Arztbesuch wohl ganz anders ab, sprich die Patienten unterhalten sich eine ganze Weile mit dem Arzt und vor allem wohl auch über das gesamte Lebensumfeld, bevor dann die passende Form der Therapie beschlossen wird. Fachärzte hat es in der alten Chinesischen Medizin nicht gegeben, denn wie allgemein bekannt ist, hängt ja alles mit allem zusammen. Anders ausgedrückt: eine Überfunktion der Leber kann ja schließlich mit einer Akupunktur der Ohren abgestellt werden.

Ganz wichtig ist an dieser Stelle auch das Qi, wenn das Qi gestört ist, muss dies ja zu Problemen führen. Aufgabe der chinesischen Medizin ist nun das Qi wieder in die richtigen Bahnen zu lenken, sei es durch Verhaltensänderungen, Ernährungsumstellung, eine Therapie mit Kräuterextrakten, Akupunktur, Akupressur, Qigong- oder Yogaübungen, rückwärts durch den Park laufen (kein Scherz) oder vielen weiteren (für westliche Menschen mystischen) Methoden.

Aber man muss es den Chinesen lassen, ich sehe sehr häufig im Park überaus alte Leute körperliche Tai-Chi-Übungen (Schattenboxen) machen, die ich in meinem ganzen Leben noch nicht einmal hinbekommen habe und vermutlich auch nie hinbekommen werde.