19: Metro – Der kleine feine Unterschied
Heute mal ein Kapitel über die Benutzung der Metro.
Zu allererst mal das Streckennetz der Metro hier ist einfach super. Insbesondere zur Expo haben die Stadtplaner das Metronetz nochmals deutlich erweitert und im Vergleich mit Deutschland ist es unglaublich was hier passiert. In Berlin braucht es 10 Jahre für eine 2 km lange Erweiterung einer bereits existierenden U-Bahnlinie (U5 alias Kanzler-U-Bahn)… In der gleichen Zeit zimmern die Chinesen hier ein unglaubliches Netz in den Untergrund mit mehr als 11 Linien.
Alles ist hypermodern, elektronisches Bezahlsystem mit Drehkreuzen an Ein- und Ausgang. Sie haben sogar an jedem Zugang zur Metro ein Röntgengerät wie am Flughafen, um das Gepäck zu durchleuchten. Sie bitten auch jeden mit einer Tasche diese durchleuchten zu lassen, witzigerweise interessiert es die Aufseher nicht, wenn manche chinesischen Mitbürger die Aufforderung ignorieren und ohne Kontrolle durchgehen. An den großen Umsteigebahnhöfen haben sie die Menschenströme wie im Disneyland organisiert. Sprich – die verschiedenen Laufrichtungen sind durch Baken voneinander getrennt, man könnte auch sagen, gleichgeschaltet, so dass alle Leute ohne Geisterfahrer jeweils in eine Richtung laufen. Ist man an der Bahnsteigkante angekommen, dies kann manchmal durchaus länger dauern, da es hier mitunter katakombenartige (aber in Marmor oder Granit ausgeführte) und sehr lange Wege gibt, gibt es schon den nächsten Unterschied: An JEDEM Bahnhof existiert eine Zeitanzeige, welche das Eintreffen des nächsten Zuges und der beiden darauffolgenden Züge auf die Sekunde genau anzeigt. Die Bahnsteigkante ist mit einer Glaswand und Türen versehen, so dass niemand vor den Zug springen kann, selbst wenn er wollte.
Tja und dann kommt der große Showdown, der Zug fährt ein und es passiert: nichts. Die Türen der Glaswand gehen nicht auf, das ist aber scheinbar Absicht, da sie erst aufgehen, wenn die Zeitanzeige auch tatsächlich runter gezählt hat. Aber sobald die Türen dann doch auf sind wird es spektakulär: Alles strömt in den Zug. Aussteigen will anscheinend keiner, aber das täuscht, denn in Shanghai herrschen andere Regeln: es wird grundsätzlich erst eingestiegen und danach ausgestiegen. Dies ist mitunter sehr lustig anzusehen. In der Rushhour hat Metro fahren auch ohne jeden Zweifel den Charme von Gruppen-kuscheln. Während der Sommerzeit läuft die Klima-anlage im Tiefkühlmodus und man bekommt gleichzeitig, aufgrund des starken Gebläses, eine Föhnfrisur. Zugegeben, ohne Klimaanlage wäre es keine Metro, sondern eine fahrende Sauna.
Ansonsten ist es überaus erstaunlich wie viele Leute in der Metro elektronische Bücher lesen oder Filme ansehen, auf Smartphones oder Tablet-PC’s, meistens von Apple.
Damit den Langnasen beim U-Bahnfahren nicht langweilig wird, haben die Chinesen noch eine ganz perfide Aufgabe vorbereitet. Man muss aufpassen wie ein Schießhund, denn was ist der Unterschied zwischen Changqing Rd. und Changping Rd. oder zwischen Changshu Rd. und Changshou Rd.? Richtig, 7 bzw. 3 Stationen und sehr viel Frust, sollte man den Unterschied zu spät mitbekommen haben. Bisher habe ich immer Schwein gehabt, aber es war ohne jeden Zweifel reines Glück!
Was für mich in dieser Weltstadt noch verwunderlicher ist, die letzte Metro fährt in aller Regel schon um 23 Uhr. Somit gibt es zwei dezidierte Partylängen in dieser Stadt, entweder bis 23 Uhr oder bis zum Sonnenaufgang.


