22: Wir fahr‘n, fahr‘n, fahr‘n mit der Eisenbahn

22: Wir fahr‘n, fahr‘n, fahr‘n mit der Eisenbahn

Vor einigen Tagen habe ich eine Tour nach Suzhou gemacht, ca. 60km nordwestlich von Shanghai gelegen. Ich bin bei der Gelegenheit das erste Mal mit der chinesischen Eisenbahn gefahren. Sehr interessant! Es hat mal wieder meine Ansicht bestätigt, dass Schanghai nicht von diesem Planeten ist.

Wir waren eine Gruppe von 5 Europäern, niemand war der chinesischen Sprache mächtig. Wir wussten wie die Stadt heißt, in die wir wollten und dass es ca. 50 Min. Fahrt von Shanghai nach Suzhou sind. Also Aktion Nummer eins, Tickets kaufen, blöd nur, dass alles außer der Zugnummer und der Uhrzeit auf Chinesisch war. Es gab 30 Schalter. Vor jedem eine 10 m lange Schlange. Per Zufall haben wir entdeckt, dass an einem Schalter stand: „englisch speaking counter“. Super, unsere Wahl.

Also, als wir an der Reihe waren, Reiseführer aufgeschlagen, mit dem Finger auf den Namen der Stadt Suzhou gezeigt und 5 dazu gesagt. Fertig. Jetzt noch den Reisepass einreichen, denn die Reisepassnummer wird seit Neuestem auf dem Ticket vermerkt.

Das Ticket ist eine kleine Papierkarte in der Größe einer EC-Karte.

Nun ging es ab zum eigentlichen Eingang des Bahnhofs, denn der Ticketschalter ist in einem Nebengebäude untergebracht. Am Eingang wird jeder und jedes Gepäckstück durchleuchtet. Dann zum Gleis, Plattform 12. Schenkste denkste Puppe. Es gibt einen geschlossenen, recht großen Warteraum wie in einem Flughafen. Aber zum Gleis kommt man erst, wenn man dazu aufgerufen wird und bevor man die Tür zum Gleis passieren kann, muss man durch ein Drehkreuz, welches das Ticket auf seine Gültigkeit prüft. Da es der Endbahnhof war, stand der Zug schon an der Bahnsteigkante. Bitte nehmen sie ihre Plätze ein, Wagennummer und Sitzplatz stehen auf der Karte. Soweit ich es beurteilen kann, waren alle Plätze ausgebucht und belegt.

Auf los geht es los.

Der Zug fängt an sich zu bewegen, das nächste Abbremsen bis zum Stillstand lässt nicht lange auf sich warten. Es vergehen gerade mal 20 min. bis der Zug das nächste Mal zum Stehen kommt und zwar in Suzhou. In der Zwischenzeit bewegte sich das Hightechgerät lt. Anzeige mit 300 km/h durch die Landschaft, ohne ruckeln, ohne schaukeln. Da könnte sich die deutsche Eisenbahn durchaus mal ein Vorbild dran nehmen. Da kann man das Leben sprichwörtlich in vollen Zügen genießen, denn jeder hat einen bequemen Sitzplatz, niemand muss blöd im Gang rumstehen.

So, in Suzhou angekommen, verlassen wir das eindrucksvolle Bahnhofsgebäude durch ein Drehkreuz, an dem das Ticket wieder automatisch geprüft wird, um in die nahe gelegene Innenstadt zu laufen. Nur, wir sind auf der falschen Seite des Bahnhofes und müssen die Gleisanlagen über- oder unter-queren. Wir sind links am Bahnhof entlang gelaufen, haben aber keine Über- oder Unterführung gefunden. Also andere Seite, das Selbe. Rein in den Bahnhof, erst in die große Halle, welche sich oberhalb der Lobby erstreckt, Fehlanzeige. Also wieder dahin zurück wo wir her gekommen sind, mit der Rolltreppe nach unten in Richtung der Gleise. Bingo, dort ist das große Schild zu finden mit Pfeil Richtung Ausgang, blöd ist nur, dass es genau gegen eine große weiße Wand zeigt (siehe Bild). Vermutlich wird dort in den kommenden Monaten ein zusätzlicher Eingang hingebastelt, nur hilft uns das jetzt auch nicht weiter. Inzwischen sind 45 Min. vergangen seit wir den Zug verlassen haben. Bleibt also die Frage was nützt der schnellste Zug, wenn man die letzten 2 km nicht auf die Reihe bekommt. Da fällt mir unfreiwillig Stoiber mit seinem Spruch ein: „Dann steigen Sie praktisch direkt in den Hauptbahnhof ein.“

Das Ende der Geschichte sieht so aus, dass uns zwei Chinesen zu einem Bus vor dem Nordeingang des Bahnhofes führen und uns mitteilen, wir sollen mit No. 5 in die Innenstadt fahren, was wir dann auch machen.